Kopfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

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Daiyama
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Kopfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

Beitrag von Daiyama »

Würde das Sinn machen?
Mir würde es glaube ich leichter machen, die von Kopfhörern gemessenen Frequenzgänge zu interpretieren.
Evtl. ist ja mein Verständnis der Messungen auch noch falsch.
Diese Wellen zu den hohen Frequenzen hin, sind doch Folge der Ohr/Gehörganggeometrie des Messaufbaus und nicht eine Folge dass der KH diese Frequenzen so schwankend wieder gibt, oder?
Falls ich das alles völlig falsch verstehe, gibt es irgendwo eine Anleitung wie man solche Messungen liest?

Danke :bier:
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bartzky
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Re: Köpfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

Beitrag von bartzky »

Worauf du wahrscheinlich hinaus möchtest ist die Messung so zu verändern, dass neutral durch eine gerade Linie dargestellt wird? Das nennt man allgemein kompensieren. Dabei wird eine bestimmte Zielkurve (=Target) von der Messung abgezogen. Hier wird es schwierig: Welche Zielkurve ist die richtige? Darüber herrscht seit Jahren Uneinigkeit.

Das Dilemma ist immer das gleiche: Setzt man einen Menschen vor ein paar neutrale Lautsprecher mit flachem Frequenzgang, kommt am Trommelfell kein flacher Frequenzgang an. Denn Ohr, Kopf und Rumpf verstärken bestimmte Frequenzbereiche - und das auch noch richtungsabhängig.
Hier ist das ganz anschaulich zu sehen:

Bild
Quelle: Innerfidelity

Häufig trifft man diffusfeldkompensierte Messungen an. In den letzten Jahren herrscht aber zunehmend Einigkeit darüber, dass nach Diffusfeld Targets abgestimmte Hörer zu hell klingen und nicht neutral.
Prinzipbedingt sind diffusfeldkompensierte Messungen aber sicherlich am besten mit den hier üblichen Flat Plate Messungen vergleichbar.

Diffusfeld Targets gibt es viele, glücklicherweise ähneln die sich alle sehr. Hier sieht man ein paar der wichtigsten im Vergleich:

Bild
Quelle

Hier zwei Staxe, gemessen vom Speakerphone am Trommelfell mit künstlichem Ohr, zuerst unkompensiert und dann diffusfeldkompensiert:

STAX SR-404:
Bild
Bild

STAX SR-202 Basic Series:
Bild
Bild
Daiyama
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Re: Köpfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

Beitrag von Daiyama »

Danke Bartzky :top: :bier:

Also noch mal von Anfang an.
Ein Lautsprecher der im Freifeld eine horizontale Linie hat, wird zwar als „linear“ empfunden, aber nicht linear gehört. Durch Ohr, Kopf, Rumpf werden manche Frequenzen des LS lauter gehört, dies empfindet man aber trotzdem als „linear“.
Ein Kopfhörer der einen horizontalen Frequenzgangverlauf hätte, würde nicht als linear empfunden werden, da es keine Verstärkungen durch Ohr?, Kopf und Rumpf gibt.
Deshalb muss ein KH eine Targetkurve nachbilden, um als linear empfunden zu werden, z.B. diese Diffusfeldkurve.
Messungen die dann mit der Diffusfeldkurve kompensiert würden, entsprechen also einer Freifeldmessung eines LS.(?) Kurven die dann horizontal Verlaufen, wären linear.
(Bei Diffusfeldkompensation sollte der Bassbereich angehoben sein, um als linear empfunden zu werden.)

Die Messungen die jetzt in den Threads präsentiert werden, sind immer kompensiert?
Dann sind diese noch vorhandenen Welligkeiten im hohen Frequenzbereich also wirklich vorhanden?
Sind dann KHs nicht automatisch schlechter als lineare LS in einem akustisch guten Raum?
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bartzky
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Re: Köpfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

Beitrag von bartzky »

Daiyama hat geschrieben:Also noch mal von Anfang an.
Ein Lautsprecher der im Freifeld eine horizontale Linie hat, wird zwar als „linear“ empfunden, aber nicht linear gehört. Durch Ohr, Kopf, Rumpf werden manche Frequenzen des LS lauter gehört, dies empfindet man aber trotzdem als „linear“.
Kann man ungefähr so sagen. Mit der Verstärkung des Ohrs, man spricht da auch vom Open Ear Gain, sind wir geboren und aufgewachsen. Das Gehirn kennt gar nichts anderes. Entsprechend ist so ein augenscheinlich krummer Frequenzgang im Gehirn als neutral hinterlegt.
Daiyama hat geschrieben:Ein Kopfhörer der einen horizontalen Frequenzgangverlauf hätte, würde nicht als linear empfunden werden, da es keine Verstärkungen durch Ohr?, Kopf und Rumpf gibt.
Genau, sofern der horizontale Frequenzgang am Trommelfell auftritt. Man nennt entsprechende Trommelfell Messungen auch Messungen am DRP - Drum Reference Point.
Daiyama hat geschrieben:Deshalb muss ein KH eine Targetkurve nachbilden, um als linear empfunden zu werden, z.B. diese Diffusfeldkurve.
Genau :bier: Wobei die genaue Form des Targets eben ein großer Streitpunkt ist. Die Hersteller kochen da auch fast alle ihr eigenes Süppchen, wie man an den teilweise extrem verschiedenen Frequenzgängen sieht.
Daiyama hat geschrieben:Messungen die dann mit der Diffusfeldkurve kompensiert würden, entsprechen also einer Freifeldmessung eines LS.(?) Kurven die dann horizontal Verlaufen, wären linear.
(Bei Diffusfeldkompensation sollte der Bassbereich angehoben sein, um als linear empfunden zu werden.)
Der Vergleich zwischen der Freifeld Messung eines LS und der KH Messung wird schwierig. Interessanter ist auch was passiert, wenn man einen entsprechenden neutralen LS in einen akustisch guten Raum stellt. Bei einem guten LS tritt am Hörplatz dann näherungsweise ein 1 dB / Oktave Slope oder sowas wie die B&K Kurve auf. Das gemessen am Trommelfell entspricht am ehesten einem neutralen Target, das man für KH verwenden kann.

Dazu habe ich vor einer Weile mal das HFX Target kreiert:

Bild

Eben das bildet den Frequenzgang eines sehr guten, neutralen Lautsprechers in einem sehr guten Hörraum am Trommelfell eines gemittelten Menschen ab :bier:
Daiyama hat geschrieben:Die Messungen die jetzt in den Threads präsentiert werden, sind immer kompensiert?
Welche Messungen/Threads meinst du?
Die Messung in meiner Übersicht sind alle unkompensiert.
Bei Innerfidelity sind die grauen Kurven unkompensiert, die bunten sind nach der ID Kurve kompensiert (ähnlich Diffusfeld).
Die Messungen hier im Brainwavz Thread von Andreas und Mark sind ebenfalls unkompensiert.
Daiyama
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Re: Köpfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

Beitrag von Daiyama »

Danke, langsam habe ich es etwa verstanden. :bier:
Deshalb macht es wohl auch mehr Sinn unkompensierte Messungen zu zeigen, dann kann jeder mit seiner bevorzugten Target Kurve kompensieren.
Muss man halt im Kopf machen, was aber leicht zu Fehlbeurteilungen führen kann.

Wie sehr hat denn noch die persönliche Ohrgeometrie einen Einfluss?
Führt dies dazu, dass es unterschiedlich bevorzugte Targetkurven gibt?
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bartzky
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Re: Köpfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

Beitrag von bartzky »

Daiyama hat geschrieben:Deshalb macht es wohl auch mehr Sinn unkompensierte Messungen zu zeigen, dann kann jeder mit seiner bevorzugten Target Kurve kompensieren.
Das ist auch einer der Gründe warum ich mich dazu entschieden habe meine Messungen grundsätzlich unkompensiert zu veröffentlichen - bis auf wenige Ausnahmen. Ein anderer Grund ist die Vergleichbarkeit.
Daiyama hat geschrieben:Muss man halt im Kopf machen, was aber leicht zu Fehlbeurteilungen führen kann.
Irgendwann geht das Interpretieren so in Fleisch und Blut über, dass man sich da gar keine Gedanken mehr drüber machen muss ;)
Daiyama hat geschrieben:Wie sehr hat denn noch die persönliche Ohrgeometrie einen Einfluss?
Auch immer wieder ein Streitthema. Die meisten Targets beziehen sich auf den gemittelten Menschen.
Natürlich hat nicht jeder "Norm-Ohren" an seinem Kopf hängen, weshalb es zwangsweise Abweichungen gibt. Diese wurden auch schon in diversen Studien gemessen und untersucht. Am bekanntesten sind da sicherlich die Studien von Hammershøi und Møller.
Aus den gleichen Studien wurde auch wiederum die "Norm-Ohren" bzw. "Norm-Köpfe" abgeleitet. Letztendlich geht es darum ein möglichst gutes Ergebnis von für alle Menschen zu finden - eben ein gemitteltes Ohr.

Schlussendlich hat jeder selbst die Verantwortung zu lernen, wie seine Präferenzen vom Mittel abweichen. Einerseits begründet im unterschiedlichen Geschmack, andererseits auch durch abweichende Ohr-Geometrie oder Hörvermögen. Die Ursachen für verschiedene Präferenzen sind da allerdings nicht immer trennbar.

Habe schon mehrfach Leute erlebt, die darauf pochen, dass sich z.B. ein basslastiger Hörer für sie absolut neutral anhöre - einzig aufgrund ihrer Ohr-Geometrie. Dass es einfach ihr Geschmack sein könnte, wird vehement verneint.

Speziell bei Messungen von Büglern kann man davon ausgehen, dass sich der Einfluss des Mess-Ohrs zu einem großen Teil heraus kürzt, da sich Target und Messung auf das gleiche Ohr beziehen.

Meiner Meinung nach wird der Einfluss der individuellen Ohr-Geometrie häufig überbewertet :bier:
Daiyama
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Re: Kopfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

Beitrag von Daiyama »

Danke für die Erklärungen. :bier:
Dann werde ich mal üben, „meine“ Targetkurve zu entwickeln und abzuspeichern. :shokk:

Nach Deinen Ausführungen sind diese starken Schwankungen von KHs im Hochtonbereich dann durchaus „echt“ und kein Messartefakt. Dann glaube ich auch gerne, dass Ohrgeometrie bedingte Schwankungen eher zu vernachlässigen sind. ;)
Da diese Schwankungen bei allen KHs mehr oder weniger zu sehen sind, wäre meine Frage, ob dies Prinzipbedingt ist und woran dies liegt und ob das nicht ein prinzipbedingter Nachteil von KHs gegenüber Lautsprechern ist? :???:
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Re: Kopfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

Beitrag von bartzky »

Daiyama hat geschrieben:Nach Deinen Ausführungen sind diese starken Schwankungen von KHs im Hochtonbereich dann durchaus „echt“ und kein Messartefakt.
Sowohl als auch. Messungen im Hochton sind schwierig. Bis heute ist spätestens oberhalb von 10 kHz kaum zuverlässiges Messen möglich - das sollte man immer im Hinterkopf behalten.
Darüber hinaus macht sich die Positionierung des Hörers im Hochton-Bereich stark bemerkbar.
Daiyama hat geschrieben:Da diese Schwankungen bei allen KHs mehr oder weniger zu sehen sind, wäre meine Frage, ob dies Prinzipbedingt ist und woran dies liegt und ob das nicht ein prinzipbedingter Nachteil von KHs gegenüber Lautsprechern ist?
Na man sieht ja höchst selten, dass Lautsprecher am Trommelfell gemessen werden :bä:
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Re: Kopfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

Beitrag von Daiyama »

Ich habe meinen Stax jetzt mal an diese Target Kurven angepasst:
https://www.innerfidelity.com/content/a ... rget-curve :D
Und noch ein wenig den Lambda Peak gezähmt und siehe da jetzt klappt es auch besser mit den für mich sonst etwas stressigen Frauenstimmen. ;)
Ich habe wohl vorher einfach immer "zu laut" gehört, weil mir immer im Bassbereich etwas fehlte. :???:
Die Kurven sind allerdings etwas ausgeprägter als Deine Targetkurve. ;)
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Re: Kopfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

Beitrag von bartzky »

Ah interessant! Welche der Harman Kurven hast du denn genommen? Und vor allem welche Messung von deinem Stax hast du verwendet?
Daiyama hat geschrieben:Die Kurven sind allerdings etwas ausgeprägter als Deine Targetkurve.
Das stimmt! Harman versucht mit der Kurve die Präferenzen einer möglichst repräsentativen Gruppe an Testpersonen widerzuspiegeln - hier geht es nicht um objektiv neutral, sondern um subjektiv "gefällt den meisten Leuten". Deshalb ändert sich die Kurve auch mit der Zeit. Seit 2013 gab es alle 2 Jahre eine neue Version, die lustigerweise permanent stärker im Bass wurde.
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Re: Kopfhörer Frequenzgangmessungen in Freifeldfrequenzgänge umwandeln?

Beitrag von Daiyama »

Ich habe mit der grünen angefangen, habe dann aber den Bass doch etwas zurückgenommen und bin jetzt sogar leicht unterhalb der schwarzen Kurve.
Als Ausgangsbasis nehme ich die unkorrigierten Messungen von Firschi hier, die zeigen, dass der SR303 im Bassbereich topfeben ist.

http://forum.prof-x.de/viewtopic.php?f=5&t=220&start=60

Hmm, ich scheine wohl doch kein so Neutralhörer zu sein, sondern eher wie die Masse. :???: :lol:
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